Auf diese Website präsentiere ich Fakten und Erkenntnisse, die ich im Laufe meiner Recherche über die Entstehung der Verfassung des Großherzogtums Hessen vom 1820 gewonnen habe.
Bis jetzt habe ich eine zeitliche Abfolge der Ereignisse, die zur Verabschiedung der Verfassung geführt haben und eine Vorstellung der handelnden Personen, die im Prozess involviert waren.
Zum Nachlesen findet man Hier den Text der Verfassung.
Die Recherche über die Entstehung der Verfassung betreibe ich im Rahmen einer Dissertation an der TU Darmstadt.
Dabei untersuche ich wie kam es dazu kam, dass der damalige Großherzog Ludwig I. sein Streben, eine absolutistische Herrschaft im aufgeklärten Sinne aufzubauen, aufgab und den Druck im Lande für eine konstitutionelle Monarchie nachgab?
Um diese Frage zu beantworten, untersucht diese Arbeit die verschiedenen Gruppierungen, die am Entstehungsprozess der Verfassung beteiligt waren. Mit Hilfe der Verständnisse aus den politischen Ideologien sowie der Ansammlung von Wissen aus den ausgearbeiteten Modellen der politischen Machtstrukturen werden diese Gruppen analysiert und die daraus gewonnenen Erkenntnisse verwendet, um die Einwilligung des Großherzogs bei der Gestaltung der Verfassung zu erklären.
Welche verschiedenen Gruppierungen und Akteure spielten beim Prozess der Verfassungsentstehung eine Rolle?
Auf der einen Seite gab es die Akteure, die wenig Interesse hatten, eine Verfassung bzw. eine repräsentative Verfassung einzuführen. Sie waren Verfechter des aufgeklärten absoluten monarchischen Herrschers, die sich um den Großherzog Ludewig I. sammelten. Hierzu zählten u.a. Prinz Emil und Freiherr du Bos du Thil. Ihnen gegenüber standen die überzeugten Verfechter der repräsentativen Verfassung, die den Volkswillen in die Gestaltung von Gesetzen und Staatsangelegenheiten hineinbringen wollten. Die größten Verfechter dieser waren die sogenannten Darmstädter „Schwarzen“, die von Carl Heinrich Hoffmann, Karl Christian Wilhelm Satorius, Georg Rühl und Johann Wilhelm Stahl gegründet und geführt wurden.
Dazwischen gibt es Akteure, die etwas mehr oder weniger die Einführung einer Verfassung unterstützten. Eine interessante Gruppierung hier sind die Regierungsmitglieder, die auch letztendlich für die Ausarbeitung der Verfassung verantwortlich waren. Zu dieser Gruppe gehören Friedrich August von Lichtenberg, Karl Ludwig Wilhelm von Grolman und Carl Heinrich Jaup. Diese Akteure spielten eine entscheidende Rolle in der Gestaltung der Verfassung. Die Wirkung der verschiedenen Einflussfaktoren, die auf diese Gruppe durch die anderen Gruppen wirkten, ist wahrscheinlich am stärksten. Welche Einflüsse und Wirkungen das waren, soll herausgefunden werden.
Die Gruppierung, die möglicherweise den Ball zum Rollen brachte, waren die alt-landständischen Vertreter, die sich von der Verfassung eine Wiederherstellung ihrer 1806 verlorenen Position und Macht erhofften. Wie kann man diese Gruppe klassifizieren und was ist aus der Gruppe geworden, nachdem die Verfassungsbewegung von den „Schwarzen“ dominiert wurde?
Zu jeder der verschiedenen Gruppen suchen wir, um ihre Wirkung zu verstehen, ein passendes Modell aus der sozial-politischen Forschung. Dabei konzentrieren wir uns auf die Gruppen, die am aktivsten waren: den Großherzog, seine Regierung/Verwaltung und die Verfassungsbewegung um die Darmstädter „Schwarzen“.
In dieser Arbeit sollen zwei Faktoren eingesetzt werden, um die Gruppen zu klassifizieren. Zum einen kann eine Gruppe durch ihre politische Besinnung oder Ideologie definiert werden, zum anderen können die zur Verfügung stehenden Machtstrukturen verwendet werden, um sie zu verstehen und ihre Handlungsfähigkeit zu beschreiben.
Die politische Besinnung lässt sich durch die Beweggründe und Ziele der Gruppe gut ableiten. Der Großherzog und seine engsten Vertrauten hatten eine eher konservative Motivation. Sie waren sehr bemüht, neue Revolutionen, wie sie z.B. in Frankreich Ende des 18. Jahrhunderts ausgebrochen sind, zu verhindern und die Position des Herrschers zu befestigen.
Seine Gegenspieler, die „Schwarzen“, waren eine eher liberal gesinnte Gruppe und verfolgten im Vordergrund die Freiheit der Einzelnen in der Gesellschaft. Allerdings ging es hier eher um Freiheiten im bürgerlichen Sinne: Grundrechte, Machtbeschränkung und den Rechtsstaat. Die brüderlichen Freiheiten, die eher durch den Sozialismus vertreten werden, standen für sie nicht direkt im Vordergrund.
Woher eine Gruppe ihre politische Macht bezieht, sagt einiges über ihre Wirkungsmöglichkeiten und Position in der Gesellschaft aus. Ein Staatsoberhaupt und sein Hof sind durch eine traditionelle Staatsform und deren Regeln strukturiert und agieren zum größten Teil innerhalb deren Grenzen. Dadurch können sie Einfluss ausüben. Am Anfang des 19. Jahrhunderts haben die Staatsoberhäupter immer größere Verwaltungen aufgebaut, um ihre Herrschaft zu befestigen.
Diese Verwaltungsstruktur unterscheidet sich allerdings von den bisherigen Regierungsstrukturen vor allem, weil die Verwaltungsmitglieder nicht nur aus Adligen und Konservativen bestanden. Auch bürgerliche und liberal gesinnte Beamte bekamen in der Verwaltung eine Stelle. Aus diesem Grund kann die Gruppierung um den Großherzog nicht als homogen betrachtet werden und kann in zwei verschiedene Gruppen aufgeteilt werden: den konservativ motivierten Großherzog und seine Unterstützer, die vor allem aus adligen bestehen, und die von der französischen Revolution geprägten bürgerlichen Verwaltungsbeamten, die es teilweise in die obersten Regierungsämter geschafft haben.
Gruppierungen außerhalb des Staatsapparats müssen ihren Einfluss aus anderen Quellen und durch andere Handlungsmöglichkeiten beziehen. In unserem Fall haben wir die Verfechter der Werte des Liberalismus und Nationalismus, die neue Formen von Macht und Einfluss aufbauen müssten. Hierfür haben sie die Wurzeln der sozialen Bewegungen gelegt und neue Möglichkeiten, um die Öffentlichkeit zu erreichen und zu nutzen, verwendet. Eine der Fragen, die diese Arbeit beantworten soll, ist, ob diese Gruppe als soziale Bewegung klassifiziert werden kann.
Hier einen Auszug der Literatur und Quellen, die dafür herangezogen werden: